Juni 29

Ich bin nicht normal

16  comments

…das war es zumindest, was ich immer zu mir gesagt habe. Ich habe mich nicht normal gefühlt. Meine Angststörung habe ich als große Schwäche wahrgenommen. Ich war scheinbar einer von wenigen, die an Panikattacken & Co. litten. Allen anderen schien es doch immer gut zu gehen.

Das ist ein absoluter Trugschluss. Von Dir würden viele wahrscheinlich auch nicht denken, dass Du psychisch krank bist. Die meisten gehen nicht offen mit ihrer Angststörung um, sondern tun alles dafür, dass nach Möglichkeit niemand etwas bemerkt. Meistens sind sie auch noch sehr erfolgreich damit.

Das wiederum führt dazu, dass wir meinen, wir sind nicht normal, wir sind eine ganz besondere Spezies im negativen Sinne. Keiner redet darüber, keiner gibt diese vermeintliche Schwäche gerne zu. Irgendwie, so meinen wir, passt das nicht in unsere Leistungsgesellschaft, in der jeder nur zu funktionieren hat.

Angststörung verschweigen

Auch ich habe meine Panikattacken, meine Hypochondrie und generalisierte Angststörung immer verschwiegen. Selbst meine engsten Freunde waren nicht eingeweiht.

Als ich für sechs Wochen in eine psychosomatische Klinik gegangen bin, musste ich ja irgendetwas sagen. Ich habe gesagt, ich sei nicht in der Lage zu entspannen, was ja nicht gelogen war. Damit wolle ich einem Burnout vorbeugen. So ein Burnout-Syndrom ist schließlich noch gesellschaftlich anerkannt. Schließlich, so die allgemeine Meinung, rührt dieses von zuviel Arbeit.

Relativ kurze Zeit nachdem ich wieder zu Hause war, teilte mir mein bester Freund mit, dass er unter Panikattacken leidet. Er ging sehr offensiv damit um und so erzählte er seiner Vorgesetzten, all seinen Freunden, eigentlich seinem kompletten Umfeld davon. Er ging so normal damit um, dass das für andere ebenfalls normal war.

Plötzlich hatten alle Panikattacken

Plötzlich fing ein gemeinsamer Freund an, ebenfalls von seinen Panikattacken zu erzählen. Was, der auch? Kurz danach noch einer. Nach und nach kamen sie aus ihren Löchern. Selbst seinen besten Freunden sieht man ihre Angststörung oft nicht an. Kein Wunder also, dass wir meinen, wir stehen damit allein auf weiter Flur.

Es war wirklich bemerkenswert, wie normal mein Freund damit umging. Sicherlich ist das für Viele nicht einfach, es ihm gleichzutun.

Was kannst Du aus dieser kleinen Geschichte mitnehmen?

  • Viel mehr Menschen als man denkt haben mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen. Allein 25 % aller Menschen erkranken in ihrem Leben allein an einer Angststörung. Andere psychische Erkrankungen wie Depressionen und Burnout wurden da noch gar nicht mit einbezogen.
  • Wenn man normal mit seiner Erkrankung umgeht, wird das auch von seinen Mitmenschen akzeptiert. Zudem hat diese Vorgehensweise den Vorteil, dass man Panikattacken damit das Nahrung nimmt. Stelle Dir doch einmal vor, Du könntest in einer Situation, in der eine Panikattacke auftritt, einfach sagen: „Sorry, ich habe gerade eine Panikattacke“. Vermutlich würde diese gar nicht erst auftreten und wenn doch, so kannst Du Dir der Unterstützung Deiner Freunde und Familie sicher sein.

Auch wenn es schwerfällt, ist es eine Überlegung wert, mit seiner Erkrankung offen umzugehen. Fang einfach klein an, und beichte ein oder zwei Freunden davon. Du wirst vermutlich von ihrer Reaktion überrascht sein.

Ich hoffe, es ist zudem klar geworden, dass Du nicht allein dastehst. Lass auch mich nicht allein stehen und schreibe mir doch den einen oder anderen Kommentar. 😉 Lass uns hier eine Gemeinschaft entstehen lassen, in der jeder seine Ängste, Befürchtungen, aber auch Tipps und Ratschläge beisteuert. Und lass mich Dir noch einmal versichern: Du bist normal!

Ich freue mich darauf!


Tags

Angststörung, Depressionen, Panikattacken


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  1. Hallo Sebastian.

    Ich finde auch das man mit Panikattacken offen umgehen sollte, einfach ist das nicht. Ich habe bisher 2 Menschen erzählt, zum einen einer Kundschaft von mir und die 2 sind gute Freunde. Es fühlt sich merkwürdig an. Wobei ich sagen muss ich hab nicht gesagt das ich Todesängste hab. Weil ich nicht weiss wie irgendjemand damit umgeht der das hört. Manchmal weiss ich einfach nicht mehr weiter, weil das Gefühl bald sterben zu müssen so schlimm ist. Vielleicht kann mir jemand bitte Tipps geben. Danke

    1. Hallo Jette,
      einfach ist das sicher nicht, aber letztlich können viel mehr Menschen nachvollziehen, wie es sich mit einer Angststörung lebt als man so denkt.
      Hast Du Dir die kleinen Ratgeber heruntergeladen und Dich für das E-mail-Coaching angemeldet?

    2. Ja Sebastian hab ich gemacht. Ich hab auch Dein Buch gekauft und lese es. Schaffe es zeitlich leider nicht so viel auf einmal zu lesen.

    3. Ich meinte eigentlich das kostenlose Angebot, das Du hier findest, aber es freut mich natürlich, dass Du auch mein Buch liest. Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen, wenn Du fertig bist.

  2. Hallo Sebastian und alle anderen hier im chat…mir geht es genauso,leide schon seit Jahren an Panikattacken und Angstzustände… War auch 2014beim Kardiologen da ich herzstolpern habe und das ab und an immer noch auftritt…aber der Kardiologe sagte das alles in Ordnung ist mit meinem Herzen…trotzdem mache ich mich mir ständig sorgen wenn es wieder kommt…. Ich fühle mich denn immer so hilflos….vllt kennt jemand ja auch sowas(herzstolpern)….LG Martin

  3. Ja hallo an alle. Ich habe drei Sachen die mich Nerven. Torticollis Schiefhals ( Nicht Heilbar) Nur Symptombekämpfung durch Botox was man in den Nackenmuskel gespritzt bekommt und nur bis zu 20 % hilft. Meine Freunde wissen alle davon und sehen es auch und werde auch nicht mehr dumm kommentiert.

    Dann die generalisierte Angststörung wo ich mich immer mit Tavor zu gedoppt habe um der Angst vor meinem Nachbarn aus dem Wege zu gehen. Tavor letztes Jahr am 2 Dezember abgesetzt bzw. ausgeschlichen. Dann kam die Höhle. Die Angst wurde stärker. Dann vor 5 Wochen wieder Streit mit meinem Nachbarn der mich anzeigen wollte. Habe dann wieder mit Tavor angefangen. Nehme es aber jetzt als Dosis nur noch 0,5 mg aller zwei Tage und schleiche es wieder aus.
    Mein Therapeut und andere sagen das ich mir ne eigene Bude suchen solle. Wo ich auch dran bliebe. Aber dies ist nicht einfach etwas in der Nähe zu finden da meine Werkstatt auch hier.
    Und was mich jetzt auch noch am meisten Nervt das ich keinen Augenkontakt mehr halten kann. Und auch ständig auf Agro bin.
    Weiß manchmal auch nicht mehr was ich machen soll. Würde mich aber über private Mails freuen. Bitte an matthiasdietzel@gmx.de

    Gruss M

    1. Hallo Mathhias,

      ich lasse Deine E-Mail hier mal drin, wobei Du Dir im Klaren darüber sein solltest, dass diese für alle öffentlich ist. 😉

  4. das ich echt lustig. Mein Freund und ich waren erst letzte Woche mit ein paar freunden unterwegs, ich habe mich nicht getraut in die menschenmenge zu gehen, und da sagte einer unserer freunde, er weiß wies mir geht, ihm gings lange zeit genauso, mittlerweile nimmt er tabletten( was für mich nie in frage kommt) und kann gut damit umgehn. ich war total überrascht. 2 tage später bekam ich einen anruf von einer freundin. Sie zählte sämtliche symptome auf, die bei mir auch immer auftreten, wenn ich kurz vor einer panikattacke war. Nun hat sie auch panikattacken. Innerhalb einer Woche habe ich 2 Leute aus dem Freundeskreis gefunden, die das gleiche wie ich haben. Das ist schon ein tolles Gefühl. Ich gehe seitdem viel offener damit um, und tu mich leichter, es anderen Leuten zu erzählen…. Allein das ist eine riiießen erleichterung..

    1. Naja, wirklich wünschen tut man Panikattacken & Co. niemandem. Ich weiß aber, was Du meinst. Es tut gut, verstanden zu werden. Ich kann es nur immer wieder betonen: Viel mehr Menschen als man glaubt, leiden unter einer Angststörung mit Panikattacken und anderen psychischen Erkrankungen…

  5. Hallo
    Gersten war ich bei Nachtbarn und war die ganze Zeit unruhe und dann haben
    die von Arbeit gesprochen und das viele den Statt ausnutzen da füllte ich mich so miss
    Ich würde gerne wieder arbeiten aber irgentwas blockiert mich und ich weis nicht warum
    ich solche anst habe.
    MFG
    Michael

  6. Hallo Sebastian,
    ich habe meinen Freunden von Anfang an erzählt, was mit mir los ist und von
    einigen habe ich gehört:“das hatte ich auch schon mal“. Das hat mir gezeigt, dass ich
    nicht allein bin mit meinenÄngsten. Auch in der Klinik haben mich einige besucht
    und mir Bücher und Blumen geschickt. Sie bemühen sich auch immer noch mir zu
    helfen mit Zeitungsartikeln, Büchernund Anschriften von kompetenten Ärzten
    und Kliniken. So brauche ich keine fadenscheinigen Entschuldigungen, wenn ich
    an irgendwelchen Dingen nicht teilnehmen will. Auch meine Familie respektiert das,
    nur geholfen hat es mir bis jetzt auch nicht.
    Viele Grüsse Heidi

    1. Hallo Heidi,
      schön, dass Du so offen mit Deiner Angststörung umgehst. Vielleicht hilft es Dir nicht, diese Angststörung dadurch loszuwerden. Aber möglicherweise hättest Du öfter Panikattacken, wenn Du Deine psychische Erkrankung verheimlichen würdest…

  7. Hallo Sebastian, vielen Dank das du dich so sorgst aber für mich ist das schwer weil ich dich nicht sehen kann oder angreifen kann du bist für mich sooo weit wek. Irgendwie fühle ich mich in meiner gewohnten Umgebung am wohlsten eigentlich hab ich im finsteren Angst und auch Auto zu fahren als ich mal Zeitung austrug ich weinte viel ich hatte so viel Angst und immer am Abend konnte ich deswegen nicht einschlafen am Tag hatte ich schon Angst oder ich müsste eigentlich arbeiten gehen aber ich habe so viel Angst ich kanns nicht beschreiben oder wenn ich sehe wie andere sich amüsieren und jeden anquatschen und einladen das geht mir durch und durch für mich ist das alles so schrecklich. Lg Susanne ich weis nicht was ich machen soll

  8. hallo,
    habe mich darin voll erkannt, im jahr 2000 trat das bei mir zum erstenmal auf, dachte ich müßte sterben und mein mann brachte mich sofort in die notaufnahme. wurde gründlich untersucht und nach 4 Tagen mit „faustan“ entlassen. es dauerte nicht lange und ich fand micht wieder im krankenhaus. beim dritten mal kam der notarzt nach hause und ich bekam sofort eine spritze. ich war 6 wochen zu hause und bekam immer mehr angst, wollte nicht mal mehr irgendwo hin. letztendlich hatte ich eine schilddrüsenoperation,das sollte die ursache sein. eine zeit lang ging es ganz gut, urplötzlich kamen diese attacken wieder. ich habe echt schon gedacht, dass ich verrückt bin und mir das alles einbilde. mein hausarzt glaubt mir aber, denn er hat so eine attacke mit erlebt. jetzt habe ich für den notfall „tavor“. bei mir kommt auch noch hinzu, dass ich denke, wenn mir irgendwas weh tut, dass ich eine schlimme krankheit habe (gehe aber nicht zum arzt). habe gar nicht die zeit dazu. ich gehe allerdings damit offen um, mein umfeld, familie, bekannte und arbeitskollegen wissen darüber bescheid. vielleicht ist das ja ein erster schritt in die richtige richtung.
    ich versuche während einer panikattacke hin und her zu laufen, wenn es möglich ist. die attacke dauert dann nicht so lang. es klappt aber auch ganz gut, wenn ich mich auf die atmung konzentriere und ich sage mir dann immer wieder „das geht gleich vorbei“. ich hab jetzt vielleicht zu viel geschrieben, aber es tut gut, wenn man weiß, dass man nicht allein davon betroffen ist.

    1. Hallo Andrea,

      danke für Deinen Kommentar. Hier kann man garnicht zuviel schreiben! 😉
      Es ist auf jeden Fall von Vorteil, offen damit umzugehen. Es ist doch ein schönes Gefühl, wenn man von seinen Liebsten ein wenig Verständnis erntet, selbst wenn diese die Angst nicht im Detail nachvollziehen können.

      Das mit dem Hin und Herlaufen ist ein probates Mittel, um die Panikattacken zu beenden, da Du auf diese Weise die vom Körper bereit gestellte Energie genutzt wird. Vielleicht solltest Du ruhig einmal versuchen, zu analysieren, was mit Dir bei einer Panikattacke passiert und diese zuzulassen. Es wird Dir nicht leicht fallen, aber Du wirst Deine Panikattacken mit der Zeit vielleicht aus einer anderen Perspektive sehen.

      Viele Grüße.

      Sebastian

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